[wilhelmtux-discussion] [SIUG-announce] Sehbehinderten droht Diskriminierung durch DRM

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Wed May 9 08:55:03 CEST 2007


Sehbehinderten droht Diskriminierung durch DRM

Bern, 9. Mai 2007.  Hinter den Kulissen der politischen Bühne
tobt eine heftige Auseinandersetzung um die Einzelheiten der
Revision vom Urheberrechtsgesetz (URG).  IFPI, die Organisation,
die die Interessen der Musik- und Filmindustrie vertritt, rühmt
sich auf ihrer Website [1] bereits jetzt "IFPI Schweiz war in der
Kommission zur Erarbeitung des revidierten Urheberrechtes massgeblich
vertreten".  Tatsächlich ist in dem aktuellen Entwurf zur
Gesetzesrevision [2] die Forderung der IFPI nach einem gesetzlichen
Schutz für technische Nutzungseinschränkungen berücksichtigt worden.
Solche Nutzungseinschränkungen, DRM (Digital Restrictions Management)
genannt, sollen beispielsweise bewirken können, dass man eine CD nur
dreimal kopieren kann.  Allerdings ist in dem Gesetzesentwurf, der am
Donnerstag 10. Mai in der Rechtskommission des Nationalrats beraten
werden soll, ein Kompromiss vorgesehen: Die Umgehung von DRM soll
erlaubt sein, wenn man nur gesetzlich erlaubte Kopien herstellt, wie
etwa zur Weitergabe im privaten Kreis oder um einen Text in einem
Standard-Format zu speichern, das mit den von Blinden und Sehbehinderten
verwendeten sogenannten Assistive Technologies gelesen werden kann.

Um kontrollieren zu können was der Empfänger mit einem Text, einem
Musikstück oder einem Film machen kann, halten DRM-Befürworter
einschneidende technische Nebenwirkungen für gerechtfertigt.  So
schreibt die IFPI [3] "Wir gehen im Übrigen davon aus, dass auch Sie
nicht der Ansicht sein werden, unsere Rechtsordnung sollte sich dem
«Design der Website nach W3C-Standard» unterordnen."

Aus der Sicht der Swiss Internet User Group (SIUG) [4] sind dieser
Angriff der IFPI auf Internet-Standards und die bei Anwendung von DRM
resultierende Abkehr von offenen Standards für Textdokumente und
Multimedia-Dateien Bedrohungen für die Integrität des Internets und
für wichtige Grundprinzipien der Informationsgesellschaft.

Jetzt wollen sich die Lobbyisten der IFPI sogar mit dem im aktuellen
Gesetzesentwurf enthaltenen Kompromiss nicht mehr zufrieden geben: Sie
fordern, dass die Umgehung von DRM in jedem Fall und ausnahmslos 
verboten werden soll.  Dies würde Blinde und Sehbehinderte besonders
hart treffen.  Das wird von den Organisationen des schweizerischen
Blindenwesens bestätigt:  Auf Anfrage der SIUG hat Bernhard Heinser,
der eine ganze Reihe von Blinden- und Sehbehindertenorganisationen im
Zusammenhang der URG-Revision vertritt, ein ausführliches Statement
formuliert [5].  Er betont, diese Forderung der IFPI "hätte
hinsichtlich der Versorgung von Menschen mit Behinderungen mit
zugänglicher Information und Literatur aller Art katastrophale
Auswirkungen."  Markus Riesch, CTO der für die Zertifizierung von
Websites für Menschen mit Behinderungen zuständigen Stiftung Access
For All [6], warnt: "DRM-Systeme diskriminieren Menschen mit
Behinderungen, wenn dadurch der Zugriff von assistierenden
Technologien auf die elektronischen Daten eingeschränkt wird. Die
Gleichstellung von Behinderten wird dadurch gefährdet."

Links:
[1] http://www.ifpi.ch/
[2] http://www.siug.ch/URG/urg-2006-12-01-de.pdf
[3] http://blog.allmend.ch/2007/04/24/antworten-von-der-ifpi-zum-dj-vertrag/
[4] http://www.siug.ch/
[5] http://www.siug.ch/URG/statement-sbszh-2007-05-08
[6] http://www.access-for-all.ch/


Kontakt:  Norbert Bollow, Präsident der SIUG
          Tel. 044 972 20 59
          Email nb at bollow.ch


Über die Swiss Internet User Group (SIUG):
Der Verein SIUG will die Kultur und die Attraktivität des Internets
fördern.  Wir engagieren uns für Privatsphäre und
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