[wilhelmtux-discussion]Rückblick 6. OSS-Tagung
Theo Schmidt
theo.schmidt at wilhelmtux.ch
Tue Nov 28 13:00:24 CET 2006
Liebe Wilhelm Tux Diskussions-Mitglieder und Kopierte,
Nun sind die Beiträge der 6. OSS-Tagung der Bundesverwaltung als
PDF-Downloads verfügbar:
http://internet.isb.admin.ch/internet/informatikstandards/veranstaltungen/01968/02159/index.html?lang=de
Es war eine sehr nette Tagung, massgeblich von /ch/open organisiert und
von Matthias Stürmer moderiert. Das Niveau der Vorträge und des
vorhandenen Wissens schien mir hoch. Der Vortrag von Florian Schiessl
(LiMux) war ein Höhepunkt. Es bestand genug Zeit, um Fragen zu stellen.
ABER: Es wurde nicht kontrovers diskutiert. Niemand stellte kritische
Fragen. Die Medien schienen weitgehend abwesend, mit Ausnahme des uns
bekannten Mathias Born der BZ: sein Artikel auf:
http://www.espace.ch/artikel_284487.html
Der Vortrag von Dieter Klemme der ISB war ein Hammer. Einige Auszüge:
Status Quo
• Es gibt fast keine Open Source Software auf dem
Arbeitsplatz der Bundesverwaltung
...
Bis 2010
• Es gibt fast keine Open Source Software auf dem
Arbeitsplatz der Bundesverwaltung
• Weichenstellung für Office 2007 und Vista ist erfolgt
• ODF ist ein (noch offenes) Thema
...
Strategie ab 2011
• Bis 2011 sind die Voraussetzungen geschaffen, um
Alternativen (auch Open Source Produkte) zu bisherigen
Produkten, insbesondere der Büroautomation und des ERP
einsetzen zu können.
Wann wird die Strategie wirklich
ändern?
• Wenn Microsoft die Preise erhöht oder
• Wenn es betriebliche Probleme mit den MS Produkten gibt
<ts_polemik_modus> Sind die vielen Viren und Bot-Spams keine
betriebliche Probleme? </ts_polemik_modus>
• Wenn es auf dem Markt viele erfolgreich abgeschlossene
Umstellungen gibt
• Wenn es eine vollständige Umgebung von alternativer
Büroautomations-Software gibt
• Wenn sich alle Fachanwendungen migrieren lassen
• Wenn es genügend externes Know-how gibt
• Wenn sich internes Know-how aufbauen lässt
[...]
Hierzu wurde gar nichts diskutiert oder hinterfragt und es gab auch
keine unmittelbare Gelegenheit dazu. Ich habe zwar viel gefragt, aber
getraute mich nicht, ein Statement abzugeben. Ich habe in der Pause mit
Dieter Klemme diskutiert. Er hatte viele einleuchtende sachliche Gründe,
warum es nicht schneller geht [langsamer, als dies in der OSS-Strategie
der ISB 2005 suggeriert wird] und warum die Bundesverwaltung enorme
Resourcen in die Migration von Windows XP und MS Office zu Windows Vista
und MS Office 2007 steckt, statt mit freien Lösungen vorwärts zu machen.
Fachlich mag vieles einleuchten. Aber auf der emotionellen Ebene bin ich
wütend. Ich fühle, dass "wir" über den Tisch gezogen werden. Unsere
Seite wird zwar ernst genommen und nett behandelt, aber hingehalten. Die
OSS-Strategie 2005 scheint mir Makulatur, die Geschichte mit der SIK
undurchsichtig und undemokratisch
(http://www.symlink.ch/article.pl?sid=06/10/06/0911244&mode=nested). Das
Killerargument ist es, das an einer einheitlichen Plattform festgehalten
wird. Mit diesem Argument kann man alles auf alle Zeiten verhindern.
Richtigerweise wird gesagt, dass die "User" nichts wissen wollen und
dass ein Mangel an FOSS-tauglichen Informatikern und Firmen herrscht.
Aber ich spüre einfach keine Leidenschaft. Kein politisches Herz für die
freie Informationsgesellschaft und die "Res Publica", die öffentliche
Sache. Ich habe nichts gegen die grossen Firmen, die ihrem Profit
folgen. Aber ihre Ziele sind nicht die Ziele der Öffentlichkeit und
nicht die Ziele der Kunden. Wie machen wir das unseren Politikerinnen
und Administratoren klar?
Florian Schiessl ist zwar auch pragmatisch: "München hat einen
pragmatischen Entscheid gefällt....Wir wollten keine Polemik anzetteln,
sondern suchten die beste Lösung für unsere Bedürfnisse." Aber München
hat auch politisch entschieden.
Wie seht ihr das? Sind meine Gefühle falsch? Oder müssen wir polemischer
werden, um weitere Rückschläge zu vermeiden? Wird sich die Verwaltung
erst unter politischem Druck weiter bewegen?
Theo Schmidt
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