[wilhelmtux-discussion] Parolen Berner Schulinformatik: JA oder NEIN?

Theo Schmidt theo.schmidt at wilhelmtux.ch
Mon May 15 11:46:23 CEST 2006


Visvanath Ratnaweera schrieb:
...
> Ich sehe oben dass die Grünen NEIN sagen aber später steht dass sie
> doch JA sagen. Wie ist das zu erklären?

Es gibt drei grüne Parteien: die Grüne Freie Liste GFL, das Grüne 
Bündnis GB und die Grüne Partei der Stadt Bern. Erstere zwei haben 
unsere Positionen engagiert im Stadtrat vertreten, als diese aber von 
SP, SVP und CVP abgelehnt wurden, haben sie dann der Vorlage dann 
trotzdem zugestimmt und empfehlen demzufolge nun logischerweise ein JA. 
Mehr dazu unten. Letztere hat im Stadtrat in unserem Sinne abgestimmt, 
als dies nicht durchkam, dann aber NEIN gestimmt und diese Position 
logischerweise beibehalten.

Die SP schliesslich hat sich schliesslich für eine Formulierung stark 
gemacht, die wörtlich betrachtet sehr weit zugunsten freier SW geht, 
aber gerade noch vage genug formuliert ist, dass die Verantwortlichen 
voll auf proprietäre SW können und vermutlich werden. Mehr unten.

...
> Die Frage ist, was waren die genauen Anpassungen, bzw. ist das 
> Resultat ein akzeptabler Kompromiss aus der Sicht von WT?

Hier ist der genaue Wortlaut aus der Abstimmungsbotschaft

http://www.bern.ch/stadtverwaltung/stadtkanzlei/abstimmungen/botschaftmai2006

"Auf allen Computern wird eine Basisinstallation,
die sich an den Standards der Stadtverwaltung orientiert
[Windows und MS Office (TS)], und parallel
dazu Open Office oder Star Office eingerichtet.
Darauf aufbauend werden stufenspezifische
Lernprogramme und Anwendungen
installiert. Dabei soll, so weit
möglich, «Free and Open Source Software»
(FOSS, OSS) eingesetzt werden.
Als «Free and Open Source Software»
werden Computerprogramme bezeichnet,
die ohne Entrichtung von Lizenzgebühren
verwendet werden dürfen. Lehrerinnen
und Lehrer können deshalb die
Software legal kopieren und den Schülerinnen
und Schülern abgeben. Durch den
Einsatz von FOSS wird die Abhängigkeit
von einzelnen Herstellern verringert."

In der Abstimmungsbotschaft wird Bezug auf das Zürcher "Kits für Kids" 
Konzept genommen. Dieses sah IMHO schon vorher die freiwillige 
Installation von beliebiger SW vor. Somit haben wir durch unsere Arbeit 
erreicht, dass Open Office oder Star Office parallel zu MS Office 
installiert wird und dass andere FOSS "so weit möglich" eingesetzt wird.

Das ist schon mal sehr gut, aber reicht es? "So weit möglich" ist 
wörtlich sehr stark aber dürfte in der Praxis als einen sog. 
"Gummiparagraphen" dienen.

...
> Das hinterlässt ein dumpfes Gefühl. Sollen wir mit diesem dumpfen 
> Gefühl JA sagen, weil ein NEIN keine Chance hat? Wenn das wieder 
> passiert - das wird garantiert wieder kommen, siehe [1] - sagen wir
> dann wieder JA?

Bisher wurden auf dieser Liste Gründe für ein NEIN formuliert, auch von 
mir. Ich zitiere deshalb aus einem privaten Mail einen Satz von 
Catherine Weber vom Grünen Bündnis, die ein
"sehr kritisches JA" empfiehlt "(damit v.a. das Geld gesprochen wird) 
und die Aufforderung an den Gemeinderat und die Informatikdienste, dass 
sie sich intensiver mit FOSS/OSS beschäftigen, bzw. wo immer möglich 
miteinbeziehen, auch bei der Schulung der Lehrkräfte. Weil nur das 
Zukunft hat und v.a. für die Kinder wichtig ist damit niemand 
ausgegrenzt wird....(Kosten Programme zu Hause, berufliche Zukunft 
etc.). Eine NEIN Parole könnte insofern halt auch kontraproduktiv 
werden, wenn Ihr Euch hoffentlich weiterhin einmischen möchtet 
(Infoversanstaltungen, kritische Begleitung des Projekts etc.) mit 
anderen Worten: Ein NEIN könnte Euch den Zugang zu Leuten, die offen 
sind für OSS verbauen (Glaubwürdigkeit) und das wäre sehr schade."

Für mich stellt sich die Glaubwürdigkeitsfrage so: empfehlen wir ein 
NEIN und würde die Vorlage abgelehnt (sehr unwahrscheinlich), müsste 
eine neue Vorlage erarbeitet werden, die markant günstiger wäre. Statt 
also die ca. 1600 vernetzten PCs für 8.5 Millionen bereitzustellen, 
inkl. Einrichtung, Support und Schulung der Informatikverantwortlichen, 
aber exkl. Baulichem, Vernetzungsleitungen, und Schulung der 
Lehrpersonen: sagen wir etwa für die Hälfte? Meiner Meinung nach wäre es 
möglich, und zwar sogar rascher als vorgesehen. Geplant ist die 
Umsetzung in 3 Etappen während 3 Jahren ab 2007/2008. Das ginge doch 
rascher, selbst bei einer Verzögerung durch das NEIN der Volksabstimmung?

Übrigens ist heute in der Zeitung Der Bund ein Leitartikel von Nick 
Lüthi, im Stadtteil, Seite 29. Er ist zunächst voll auf unserer Linie, 
empfiehlt aber dennoch am Schluss ein JA zur "ausgewogenen Vorlage".

Theo Schmidt


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