[wilhelmtux-discussion] Mitteilung von Wilhelm Tux zum Ausbau der Informatik an Stadtberner Schulen

Theo Schmidt theo.schmidt at wilhelmtux.ch
Fri Mar 10 20:15:03 CET 2006


Gestern hat der Berner Stadrat Entscheide über den Ausbau der Informatik 
an Stadtberner Schulen gefällt. Das Dokument 
http://www.bern.ch/stadtrat/sitzungen1/termine/2006/05.000317/file zeigt 
die ursprüngliche Botschaft. Seither sind einige positive Aenderungen 
dazu gekommen, danke Bern! Jedoch gehen sie aus unserer Sicht zu wenig 
weit und es wurde eine Chance verpasst, das proprietäre Korsett in den 
nächsten 8-9 Jahre massgebend zu lösen. Deshalb hat Wilhelm Tux 
untenstehende Pressemitteilung an einige Zeitungen geschickt.

Theo Schmidt

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Pressemitteilung vom Verein Wilhelm Tux - Kampagne für Freie Software

10. März 2006

Gestern hat der Berner Stadtrat über den Ausbau der Informatik der 
Stadtberner Volksschulen abgestimmt. Dieses grosse Geschäft wird in den 
Jahren 2007 bis 2010 ausgeführt. Die Lebensdauer der Hardware beträgt 7 
Jahre. In wenigen Stunden wurden über 22 Millionen Franken entschieden: 
Eine Investition von 8.5 Millionen und Folgekosten von 2 Millionen pro 
Jahr. Der Anteil für Hardware beträgt 4.5 Millionen, derjenige für 
Software über diese Dauer 3 Millionen.

Der Verein Wilhelm Tux setzt sich ein für die Anwendung von offenen 
Standards und freier Software (FOSS = Free Open Source Software) in 
öffentlichen Bereichen in der Schweiz. FOSS ist für alle Menschen 
öffentlich verfügbar und wird in der Gesellschaft immer wichtiger. Das 
Internet funktioniert nur dank FOSS und offenen Standards. Wilhelm Tux 
hat auch bei diesem Geschäft dargelegt, dass mit FOSS
- eine von der Stadt geforderte Chancengleichheit
- eine zukunftsgerichtete Ausbildung
- eine beträchtliche Einsparung
möglich werden.

Mit einer Systemplattform auf Linux-Basis könnten einige Millionen 
gespart werden, die dann für die Ausbildung selbst zur Verfügung 
stünden. Stattdessen zieht es der Stadtrat offenbar vor, die bereits 
gigantischen Quasi-Monopolisten (Firmen wie Microsoft u. a.) zu 
unterstützen.

Die Stadtverwaltung setzt offenbar fast ausschliesslich auf proprietäre 
Software (Microsoft und ähnliche), welche viel kostet und kaum offene 
Standards verwendet. Somit werden viele Menschen gezwungen, 
kostenpflichtige Software und immer wieder teure Updates zu kaufen.

Auch wenn an Windows als Systemplattform festgehalten wird, gibt es 
dafür sehr viel hochwertige freie Software. Diesem Umstand haben 
Änderungsanträge der Fraktionen Grünes Bündnis/Junge Alternative und FDP 
Rechnung getragen. Sie forderten den Einsatz von FOSS, welche 
systemunabhängig und mit offenen Formaten auch auf einer 
Windows-Plattform betrieben werden kann. Die finanziellen Ersparnisse 
könnten dadurch zur Bildung selbst verschoben werden.

Selbst dieser moderate Antrag wurde gestern von einer merkwürdigen 
Konstellation aus SP, SVP und CVP niedergestimmt. Einige Begründungen 
dazu waren nachweislich falsch; ebenso wurden Zitate von Experten falsch 
wiedergebenen.

Der Rat hat die Türe zum "proprietären Käfig" von Microsoft & Co. nicht 
ganz zugemacht und verfügt, dass die bekannte Bürosoftware Open Office 
parallel zu Microsoft Office installiert wird.
Es gibt jedoch über 7000 Programme, die systemunabhängig sind, und 
20'000 freie Programme für Windows. Solche können zwar wie Open Office 
"wo möglich" eingesetzt werden. Doch die Erfahrung mit ähnlichen vagen 
Formulierung im analogen Fall der Stadt Winterthur zeigt, dass dann 
praktisch nichts passiert.

Aus Sicht von Wilhelm Tux ist der gestrige Entscheid einer rot-grün 
verwalteten Stadt im Jahre 2006 nicht zeitgemäss und nicht 
nachvollziehbar. Es ist legitim, dass Konzerne versuchen, ihre 
Marktanteile zu vergrösseren. Es ist nicht legitim, dass die Vertreter 
der Öffentlichkeit in diesem Masse darauf reinfallen. Wilhelm Tux 
erwartet von der Verwaltung - auch ohne eine klare Direktive des 
Stadtrats - das bis jetzt einseitige Projekt den Ansprüchen der heutigen 
Zeit anzupassen.

Für den Vorstand:
Silvan Gebhardt, Präsident
Theo Schmidt, Vizepräsident


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