[wilhelmtux-discussion] Nun setzt Solothurn auf den Pinguin

alex pina100 at gmx.net
Fri Oct 24 21:31:12 CEST 2003



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© Berner Rundschau / MLZ; 2003-10-22; Seite 1

Mittelland BE

Nun setzt Solothurn auf den Pinguin

INFORMATIK · Solothurner Kantonsverwaltung bald ohne Windows, denn das 
kostenlose Linux spart Geld

Ab 2007 will der Kanton Solothurn in der Verwaltung keine Microsoft-Produkte 
mehr einsetzen. Spätestens dann soll jeder Kantonsangestellte statt mit 
Windows mit Linux arbeiten. Das kostenlose Betriebssystem spart dem 
Nachbarkanton Millionen.
Kevin Cahannes

Der Pinguin lächelt einem bereits in der Sicherheitsschleuse am Eingang zum 
kantonalen Informatikamt (AIO) entgegen. «Die Zeit ist reif für Linux», steht 
daneben. Linux - das ist im Bürokomplex an der Aare in Solothurn das magische 
Wort für die Zukunft. Denn dank Linux will der Kanton Solothurn in den 
nächsten Jahren Millionen an Informatikkosten sparen. Hinter dem Begriff 
versteckt sich ein kostenloses Betriebssystem für Computer, sozusagen ein 
Gratis-Windows, und der kleine Pinguin «Tux» ist dessen Maskottchen.

Unabhängig von Microsoft-Launen

Kurt Bader ist einer von «Tux'» grössten Fans. «Dank Linux sind wir nicht mehr 
von Microsofts Launen abhängig», freut sich der Leiter der kantonalen 
Informatik. «Bei Microsoft sind wir gezwungen, jedes Update mitzumachen, ob 
wir nun wollen oder nicht.» Das gebe jede Woche einen riesigen Aufwand, der 
zum grössten Teil gar nicht nötig wäre. «Bei Linux machen wir Updates nur 
dann, wenn sie für die jeweilige Aufgabe des Rechners unbedingt notwendig 
sind», erklärt Bader. «So können wir ein System jahrelang einfach laufen 
lassen, ohne es anzufassen.» Das spart Geld - Ziel erreicht.

Web-Interface statt «Outlook»

Der Wechsel auf das kostenlose Linux hat bereits begonnen. Seit Dezember 2001 
haben die Kantonsinformatiker rund 20 Server umgestellt. 40 Prozent der 
«grossen Systeme» und die Arbeitszeiterfassung laufen bereits auf 
Pinguin-Basis. «Wir haben mit den Servern angefangen, weil die Anwender davon 
nichts merken», erzählt Kurt Bader.

Aber: Bis 2007 will er alle Computer in den kantonalen Büros auf Linux 
umstellen. Vom Regierungsrat über den Richter bis zum Steuer-Sachbearbeiter 
werden alle Kantonsangestellten mit dem neuen System arbeiten. Zurzeit läuft 
im AIO bereits ein erster Testlauf.

Benutzer-Akzeptanz vorausgesetzt

An grundsätzliche Widerstände seitens der Anwender glaubt Bader nicht, denn: 
«Das eine oder andere Fenster wird zwar etwas anders aussehen, doch es stehen 
alle Funktionen zur Verfügung und die Bedienung ist praktisch identisch mit 
Windows.»

Für Büroanwendungen wird die kostenlose Software «StarOffice» eingesetzt 
werden. Für die Benutzer sei dies keine grössere Umstellung als von der 
aktuellen Word oder Excel-Version zu deren nächster Generation, sagt Bader. 
Wechsel und Ausbildung wären sowieso erforderlich. Auch auf das E-Mail- und 
Terminkalender-Programm «Outlook» werden die Kantonsangestellten inskünftig 
verzichten müssen. Stattdessen sollen sie ab 2007 über eine Anwendung im 
Internetbrowser mailen. Bader verspricht, das System werde gleich schnell 
sein wie vorher.

Fast eine Million weniger pro Jahr

Bis in drei Jahren will der Kanton keine Microsoft-Produkte mehr einsetzen. 
Bader lächelt, als er das erzählt. Pinguin «Tux» spart dem Kanton jährlich 
zwischen 300 000 und 400 000 Franken an Lizenzkosten, die sonst zu Microsoft 
geflossen wären. Nochmal so viel spart Bader, weil Linux-Systeme weniger 
Betreuung benötigen, als vergleichbare Windows-Lösungen. «Ohne Linux und die 
Zentralisierung der Systeme könnten wir die Sparziele des Kantons in der 
Informatik nicht erreichen», so Bader.

Der Umstieg auf Linux hat aber nicht nur finanzielle Gründe. 
Sicherheitsaspekte spielen eine wichtige Rolle. Es sei ihm zunehmend unwohl 
gewesen, so stark von der Firma Microsoft abhängig zu sein, erzählt Kurt 
Bader. «Ein Benutzer hat keine Kontrolle darüber, welche persönlichen 
Informationen Microsoft durchs Hintertürchen rauslässt.» Solche Software 
könne man in einer kantonalen Verwaltung kaum ruhigen Gewissens einsetzen.

Linux ist unterdessen etabliert

Gerade da zog Pinguin «Tux» die Trumpfkarte. Linux ist im Gegensatz zu Windows 
ein «Open Source»-Projekt. Das heisst, der Programmcode steht jedermann zur 
Veränderung offen - das System wird von tausenden Tüftlern weltweit stetig 
weiterentwickelt. «Wir wissen genau, was das Programm tut und können es 
unseren Bedürfnissen anpassen», schwärmt Bader. «Wir können neue Funktionen 
ohne ein riesiges Update einbauen.»

Linux ist aber längst kein blosses Tüftlerprogramm mehr. Besonders im 
Serverbereich ist es unterdessen weit verbreitet, grosse Softwarekonzerne 
sind auf den Zug aufgesprungen. Die Stadt München hat kürzlich den kompletten 
Umstieg beschlossen und auch der Bund prüft derzeit den Einsatz des kleinen 
Pinguins.

Computer-Ikone Das Linux-Maskottchen «Tux». Ab 2007 sollen alle PCs der 
kantonalen Verwaltung auf dem freien Betriebssystem laufen. Das spart dem 
Kanton jährlich fast eine Million Franken. Illustration: zVg/ck

«Wir sind viel günstiger»

MICROSOFT · Softwaregigant will Solothurn nicht verlieren

Der Kantonsrat hat im Dezember 2001 beschlossen, die Verwaltung auf das freie 
Betriebssystem Linux umzustellen. Das Nachsehen hat der US-Softwaregigant 
Microsoft, Hersteller der Windows-Plattform. Für Microsoft ist das letzte 
Wort allerdings noch nicht gesprochen. Alexander Stüger, General Manager von 
Microsoft Schweiz, beharrt darauf: «Die Gesamtkosten für Solothurn sind auf 
Basis unserer Technologie wesentlich niedriger.» Kurt Bader, Chef des 
kantonalen Informatikamts, glaubt dies nicht. Er bestätigt Gespräche mit 
Microsoft: «Doch diese Diskussionen bringen nichts. Unsere Strategie ist vom 
Kantonsrat abgesegnet.» Microsoft bleibt dabei: «Wir werden dem Kanton 
Solothurn weiterhin Unterstützung und Beratung anbieten.» (ck)




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