[wilhelmtux-discussion] Offene Software als Service Public: Artikel in der Woz

Alex Schroeder alex at gnu.org
Son Aug 3 01:19:56 CEST 2003


Hallo,

Vielen Dank für den Artikel in der WOZ.  Ich bin auf Ihre mail Adresse
via Google und www.rainer-fischbach.de gekommen.

Ich bin Mitglied in einem Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat,
Freie Software in der Schweiz zu fördern -- insbesondere in der
Verwaltung.

Ich bin vor allem froh, weil Sie im Artikel etwas erwähnen, was ich
selber auch schon lange erzähle: Die allermeisten IT Firmen haben
keinen Grund vor Freier Software Angst zu haben, weil mit
Dienstleistungen und Hardware die meisten immer noch genau gleichviel
verdienen werden.

Ganz am Schluss haben mir allerdings etwas deutlichere Worte gefehlt
-- und zwar bei der Frage der Finanzierung.  Richtig analysiert wurde,
dass viel Freie Software gratis entsteht, weil sich die Entwickler
selber ausbeuten.  Auf lange Sicht ist eine andere Finanzierung
deshalb wünschenswert, und es wird auf die Arbeit von Berkley und
anderen Institutionen hingewiesen (die Entwicklungen vom NIH wären
ähnlicher Natur).  Das hätte man aber ausformulieren können:  Der
Amerikanische Staat finanziert Forschungsprojekte oder ähnliche
Aktivitäten unter der Auflage, dass allen Bürgern der Zugang zu der
Software eingeräumt wird.  Hier hätte man deutlicher schreiben können,
dass eine ähnliche Haltung auch in der Schweiz wünschenswert wäre,
beispielsweise indem Bund (ETH) und Kantone (Unis, Fachhochschulen)
für Softwareentwicklung grössere Budgets bereitstellen, für die man
sich bewerben kann.  Den Entwicklern solllte gleichzeitig auferlegt
werden, dass mit staatlichen Geldern nur Freie Software entwickelt
werden darf.

Diskussionswert wäre dann noch die Frage, ob nicht alle
Steuersubjekte, zB. auch Software Firmen, nicht auch das Recht hätten
proprietäre Software basierend auf öffentlich finanzierter Software zu
entwickeln; in anderen Worten: Darf man diese Einschränkung (nur Freie
Software) machen, ja oder nein?  In Amerika ist das ja möglich.

Ich vermute, dass der Hinweis im Titel und im Text auf den Begriff
"Service Public" etwas ähnliches gemeint hat.  Doch der Hinweis auf
"Service Public" ist zu vieldeutig.  Er deutet irgendwie auf Gebühren
(wie beim Fernsehen) oder Leistungsaufträge (wie bei der Post) hin --
doch diese beiden bekannten "Service Public" Finanzierungsbeispiele
lassen sich nicht ohne weiteres auf Freie Software übertragen.  In
diesem Sinne wäre eine weitergehende Diskussion eben interessant
gewesen.

Trotzdem nochmals vielen Dank für den interessanten Denkanstoss.  :)

Gruss aus der Schweiz,
Alexander Schröder
-- 
http://www.emacswiki.org/alex/
I was on holidays from 2003-07-01 to 2003-07-29
and have a lot of catching up to do.