[wilhelmtux-discussion] eCH: Kurzbericht Statutenworkshop

Manfred Morgner manfred.morgner at gmx.net
Son Sep 8 09:46:08 CEST 2002


Hallo Dietrich,
hallo Liste,

ich habe ein komisches Gefühl bei solchen Beträgen, denn das Ziel der 
eCH-Vereinigung ist ausgerechnet eins, mit dem man auch 3 Mio Franken 
verbraten kann ohne etwas zu erreichen.

Ich meine - wenn Leute in Behörden beauftrag werden sowas zu machen, werden 
sie Ihr Gehalt vom Staat erhalten und wenn sie es in der Freizeit machen, 
werden sie kein Geld dafür bekommen. Die Mitarbeit alle Beteiligten soll ja 
auch kostenlos erfolgen (lt. "Flyer"). D.h., dass die feste Geschäftsstelle 
(mit vermutlich einer Person - denn mehr wird dafür keineswegs benötigt) 
alles Geld erhält. In dem Fall würde ich das gern machen. Das kostet mich 
einen zusätzlichen Telefonanschluss, ein Faxgerät und eine zusätzliche 
Email-Adresse. Ich hätte dann ein Bruttoeinkommen von ca. CHF 299.700,- vor 
Steuer und das ist schon ganz schön, für einen Sekretär.

Soweit ich es beurteile, geht es doch eher um technische Fragen. Wozu dann 
Rechtsberatung? Die initiative betrifft:

"Wirtschaft, Wissenschaft, Organisationen, Bund, Kantone und Gemeinden"

Bund, Kantonen und Gemeinden kann man vielleicht etwas vorschreiben (ich 
glaube das geht in der Schweiz nur begrenzt), der Wissenschaft, 
Organisationen und der Wirtschaft kann man gar nichts vorschreiben, ausser 
mit Gesetzen. Für Gesetze ist eCH aber gar nicht zuständig, allenfalls für 
inhaltliche Fragen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass unter den Rahmenbedinungen, unter denen 
eCH gegründet werden soll, igend etwas brauchbares herauskommt. Bei der 
Definition von Dateiformaten für die elektronisch unterstützte Verwaltung 
sollte man eher so vorgehen wie die freie Entwicklergemeinde. Man sollte mit 
diesen Leuten (Entwickler) kooperieren und sich aus dem angebotenen etwas 
heraussuche und man sollte produktiv _damit arbeiten_. Theoretische 
Ausarbeitungen sind nicht ihren Speicherplatz wert, wenn sie nicht praktisch 
wirksam sind - besonder während der Entwicklung.

Die eCH-Initiative wird vermutlich nichts als warme Luft und einen Stapel 
tote Bäume erzeugen. Und dafür ist ein einziger Stutz bereits einer zuviel.
 
Auf "http://www.ech.ch/d/dokument_prozess.htm" kann man bereits erkennen, 
dass das wichtigste Ziel bereits in der Gründungsphase verfehlt wird. Dort 
prangt ein Word-Dokument. Ein Dateiformat also, dass mit sich selbst nicht 
kompatibel ist, weil der Urheber des Dateiformates:

(1) Nicht gewillt und in der Lage ist, alte Formate mit neuen Programmen 
einzulesen,
(2) Nicht gewillt ist, das Format auf anderen als der eigenen Platform zu 
untersstützen und dies mit juristischen Mitteln langfristig manifestieren 
wird,
(3) in dem Dokumentenformat sicherheitsgefährdende Angaben gespeichert werden 
- also das Gegenteil von dem was erreicht werden soll.

Der einzige Grund, Word-Dokumente auf eCH zur Verfügung zu stellen, wäre, 
wenn sich eCH MS-Word gekauft hätte (also nicht eine Lizenz, sondern das 
Produkt) und es als freie Softwaer unter strenger Beachtung der 
Abwärtskompatibilität öffentlich weiter entwickeln würde.

Wie sollen also Leute, die die Grundlagen nicht verstehen, das Problem lösen? 
Ein Dokument ausgerechnet in einem Format zu präsentieren, dass selbst die 
Ursache für das Erfordernis der eCH-Initiative ist, halte ich für ziemlich 
abartig. Wenn die 300.000,- CHF an obdachlose verteilt würden, hätten alle 
mehr davon als das Geld in ein grosses schwarzes Loch zu werfen und ein paar 
coole Meetings und Bankette zu veranstalten.

Derartige Projekte sind noch nie erfolgreich gewesen und auch eCH kann es auf 
diese Weise nicht werden, was besonders deswegen schade ist, weil hier u.U. 
viel KnowHow für nichts verbraten wird.

Es gibt eine Menge Vereinigungen, die international das gleiche Ziel 
verfolgen. Stichworte wären: EDI, EAN, und verschiedenen XML-Gremien. Es ist 
für mich kein Grund ersichtlich, eine zusätzliche Platform zu bilden, nur um 
mit diesen Gremien zu konkurrieren. "best practice" bedeutet, dass man die 
vorhandenen Möglichkeiten anwendet, ohne zusätzlichen Overhead zu erzeugen. 
eCH scheint genau das Gegenteil zu erreichen (also Overhead erzeugen ohne 
irgend etwas anzuwenden).

In den veröffentlichten Dokumenten sind noch nicht einmal die Aufgaben exakt 
definiert, aber man weiss schon, was das kostet. Ich finde das alles sehr 
schade.

Gruss,
Manfred.


Am Samstag, 7. September 2002 23.04 schrieben Sie:
> Manfred Morgner wrote:
> > Wofür werden die 300.000,- benötigt?
>
> Sekretariat, Reisekosten und andere Unkostenerstattungen, Organisation
> von Workshops, externe Gutachten, juristische Beratung ...
>
> Das klingt nicht so unrealistisch. Und eine genaue Abrechnung müssen sie
> so oder so machen.
>
> Viele Grüsse,
>
> Dietrich