[wilhelmtux-discussion] Leserbrief an Plaidoyer...

Robert Ribnitz ribnitz at server.linuxbourg.ch
Son Sep 1 20:34:57 CEST 2002


Der folgene Leserbrief wurde an info at Playoyer.ch versandt:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich wurde auf Ihren Artikel "Das Trojanische Pferd 
'Linux'" aufmerksam und würde gerne dazu Stellung beziehen.

Zu meiner Person: Ich bin Vizepräsident des Vereins 
'Wilhelmtux -Kampagne für Freie Software' (http://www.wilhelmtux.ch). 
Dieser Verein hat sich zum Ziel gesetzt, Freie Software und Offene 
Standards in der Schweiz zu fördern, sowie die öffentliche Diskussion 
zu diesem Thema mitzugestalten.

Ich habe den Artikel Online gelesen, meine Kommentare
beziehen sich daher auf die Onlineversion.

"Doch ist solche Software wirklich «frei»? Mitnichten. Es
trifft zwar zu, dass für das Recht zur Nutzung von «echter»
Open-Source-Software nichts bezahlt werden muss (allenfalls
werden Gebühren für die CD-ROM oder für Zusatzprogramme
verlangt). Auch darf solche Software beliebig oft gratis
weiterverteilt und verändert werden. Doch «frei» ist der
Benutzer dabei keineswegs: Open Source darf nur derjenige
nutzen, der die dazugehörigen Lizenzbedingungen akzeptiert. "

Was Sie hier schreiben, ist unpräzise. Es stimmt zwar, dass
Freie Software - oder "Open Source", es handelt sich um die
selbe Idee - meist kostenlos, oder zu geringen Kosten abgegeben
wird. Die Lizenz, welche Sie im Artikel erwähnen, die "GNU
General Public License", enthält aber keinerlei Passus über
den Preis. Die Software kann daher auch zu einem beliebigen Preis
veräussert werden, ähnlich "klassischer Software". Die GPL
besagt lediglich, dass die Software den 4 untenstehenden
Freiheiten unterliegt:

1. Die Freiheit, die Software für beliebige Zwecke
einzusetzen.

2. Die Freiheit, die Funktionsweise der Software zu
erforschen, sowie Anpassungen für eigene Zwecke vorzunehmen.

3. Die Freiheit, Kopien der Software anzufertigen, und diese
Kopien weiterzuverbreiten.

4. Die Freiheit, angepasste/veränderte Versionen der
Allgemeinheit zugänglich zu machen.

Im Gegensatz zu anderen Open Source Lizenzen, wie der
BSD-Lizenz oder der Artistic License, stellen die von der
Free Software Foundation herausgegebenen Lizenzen sicher,
dass Freie Software frei bleibt, das heisst, das Änderungen
an die Gesellschaft zurückfliessen. Dies ist nötig, um eine
Weiterentwicklung der Programme zu ermöglichen.

Freie Software hat auch Auswirkungen auf die Wirtschaft und Politik:

1) Freie Software wird ständig von vielen "gratis" weiterentwickelt,
und genügt oft höheren Qualitätsanforderungen als
"proprietäre Software". 


2) Die Tatsache, dass viele, oft hochqualifizierte Menschen
an der Weiterentwicklung beteiligt sind, kann  zu
niedrigeren Wartungskosten führen. 

3) Nicht die Software selbst, sondern Dienstleistungen rund
um das Softwareprodukt werden zum Motor der Unternehmung.

4) Freie Software belebt die Konkurrenz. Schlechte Produkte
werden es schwer haben, sich gegen bessere zu behaupten. 

5) Freie Software gibt KMUs eine Chance, mit den grossen zu
konkurrieren. Was zählt ist Leistung, nicht Grösse.

Noch etwas zu GNU/Linux: Der Fachmann versteht unter "Linux"
lediglich ein kleines Programm, welches Hardware verwaltet
und andere Programme lädt ("Kernel"). Alle "Anwendungen" sind 
strikt betrachtet nicht Teil von Linux.

Für allfällige Fragen stehe ich gerne zur verfügung

Mit freundlichen Grüssen

Robert Ribnitz
Vizepräsident Wilhelmtux (http://www.wilhelmtux.ch)