Re: [wilhelmtux-discussion] Lokale Anliegen für freie Software?

Manfred Morgner Manfred.Morgner at gmx.net
Tue Nov 18 23:34:20 CET 2003


Hallo Sascha,

hinzufügen möchte ich noch, dass es eine hoch politische Frage ist, ob man
sich von Software abhängig machen darf - und von Abhängigkeit muss man hier
sprechen, was geht denn heute noch ohne Computer? - die in der alleinigen
Kontrolle einer einzigen fremden Macht ist.

Sollte diese fremde Macht eines Tage eine neue Position zu Europa oder zur
Schweiz beziehen, hat der Softwaremonopolist alle juristischen und
geschäftlichen, möglicher Weise auch technischen Mittel um den Einsatz seiner Software
im Feindgebiet zu unterbinden. Damit würde er die gesamte Verwaltung und den
abhängigen Teil der Wirtschaft völlig zum Erliegen bringen.

Abgesehen von strukturpolitischen Fragen. Wird alle Software in den USA
hergestellt, werden auch alle fähigen Fachleute in den USA sein. Die heimische
Wirtschaft beginnt (Entschuldigung für den Ausdruck) zu veblöden. Anstatt
Marktführer zu bleiben, zu werden oder wenigstens mit diesen mitzuhalten, sind wir
von ausländischen Mächten abhängig, die wir nicht kontrollieren können.

Bei den Bauern hat dieses Erkenntnis dazu geführt, dass die Herstellung
überflüssiger Nahrungsmittel in der Schweiz per Gesetz geschützt wird. Abstruser
Weise ist es aber unwahrscheinlicher, dass uns niemand mehr mit
Nachrungsmitteln beliefert, als dass uns eine ausländische Regierng den Softwarehahn
zudreht. Denn Lebensmittel werden überall hergestellt und jeder will sie
verkaufen. Software, die nur in einem Land hergestellt wird, wird zur Waffe!

Es tut also dringend Not, freie Software zu fördern. Komfortabler Weise muss
man dazu nichteinmal Subventionen vergeben. Es reicht völlig, Freie Software
einzusetzen und sich so in einem akut lebenswichtigen Bereich von fremden
Mächten unabhängig zu machen.

Sollte der Ernstfall eintreten, hätten wir im Land qualifizierte Experten,
die die Aufrechterhaltung von Wirtschaft und Verwaltung ermöglichen. Man kann
dann aus dem Vollen schöpfen. Und wenn man schon Geld ausgibt, beispielsweise
um spezielle Software entwickeln zu lassen, dann kann man das bei freier
Software im Land erledigen lassen. Ob das mehr oder weniger Geld kostet als
Importe aus Übersee mag dahingestellt bleiben, aber jeder Rappen, der in die
inländische Wirtschaft fliesst, fördert diese Wirtschaft.

Hilfsarbeiter, wie es Administratoren fertiger Importsoftware sind, genügen
keinesfalls um sich im Fall der Fälle aus dem Sumpf zu ziehen. Software ist
eine Schlüsselkomponente der modernen Industrie und genau das - die
Schlüsselkomponenten - sollte man stets selbst beherrschen, sonst verkommt alle
Demokratie zum blosen Gerede.

Viele Grüsse,
Manfred.







> Liebe Liste,
> 
> welche konkreten Anliegen besitzt Wilhelm Tux bzw. freie Software auf der
> Stufe von Gemeinden? Gibt es Forderungen oder Wünsche auf kommunaler
> Ebene? Viele unserer Themen (Immaterialgüterrecht, Kryptographie,
> Datenschutz usw.) sind ja eher auf nationaler oder gar supranationaler
> Stufe angesiedelt.
> 
> Der Grund für meine Frage ist, dass ich damit angefangen habe, mich an
> meinem Wohnort (Stadt Bern) politisch zu engagieren; dies nicht zuletzt
> weil ich finde, dass unsere Themen auch ausserhalb von Informatik-Kreisen
> diskutiert werden sollten.
> 
> Ich habe versucht, ein paar Leute in meiner Partei von freier Software
> usw. zu überzeugen, und bin auf recht offene Ohren gestossen. Mir wurde
> angeboten, ein paar Sätze mit konkreten Forderungen an die Stadt Bern zu
> texten.
> 
> Nur: Welche Forderungen sollen denn nun Leute, die sich für freie
> Software engagieren, eigentlich auf *lokaler* Ebene vertreten? (D.h. auf
> Gebieten, wo eine Gemeinde überhaupt zuständig ist). Ich weiss von der
> Anfrage [1] und dem Postulat [2] in der Stadt Zürich (B. Glättli/M. Roth)
> und würde sie als Grundlage für meinen Text nehmen. In der Symlink-
> Diskussion wurde gesagt, die Vorstösse seien zu einseitig auf die Kosten
> fokussiert. Was fehlt? Weiss jemand, ob auch in anderen Gemeinden
> vergleichbare Vorstösse am Laufen sind?
> 
> Herzlichen Dank, und viele Grüsse,
> 
> -- Sascha
> 
> Sascha Brawer, brawer at dandelis.ch, http://www.dandelis.ch/people/brawer/ 
> 
> 
> [1] http://www.symlink.ch/upload/Anfrage_MicrosoftLizenzkosten.pdf
> [2]
> http://www.symlink.ch/upload/Postulat_BerichtOpenSourceFreeSoftware.pdf
> 
> 
> 
> _______________________________________________
> wilhelmtux-discussion mailing list
> wilhelmtux-discussion at wilhelmtux.ch
> http://wilhelmtux.ch/vmailman/listinfo/wilhelmtux-discussion
> 

-- 
NEU FÜR ALLE - GMX MediaCenter - für Fotos, Musik, Dateien...
Fotoalbum, File Sharing, MMS, Multimedia-Gruß, GMX FotoService

Jetzt kostenlos anmelden unter http://www.gmx.net

+++ GMX - die erste Adresse für Mail, Message, More! +++



More information about the wilhelmtux-discussion mailing list