[wilhelmtux-discussion] Linux rumantsch

Gaudenz Steinlin gaudenz at soziologie.ch
Mon Nov 10 15:49:09 CET 2003


Guten Tag

Bei diesem Projekt könnte man sicher von den Erfahrungen von Skolelinux
profitieren. Das Skolelinux-Projekt wurde ursprünlich in Norwegen
gestartet, erfreut sich nun aber auch in Deutschland grosser
Beliebtheit. Das Ziel von Skolelinux ist es eine sehr einfach zu
administrierende Linux Umgebung (primär für Schulen) bereitzustellen.
Dabei wird auch der Lokalisierung (d.h. Übersetzung, Tastaturlayout,
...) grosse Bedeutung beigemessen. So wird ein sehr grosser Teil des
Projekts in Sami (Sprache der Sami/Lappen) übersetzt. Für diese Sprache
werden sich wohl ähnlich Probleme wie für Rumantsch stellen. Die
Skolelinux Distribution basiert auf Debian.

Skolelinux hat für die bei der Übersetzung anfallenden Arbeiten bereits
eine Infrastruktur aufgebaut und ist ein sehr offenes Projekt. Es würde
sich deshalb sicher anbieten, sie mit einer Übersetzung ins Romanische
diesem Projekt anzuschliessen und damit auch den Einsatz von Linux in
den schweizer Schulen zu fördern. 

Skolelinux ist es gelungen, unteraderm über das Argument, das sie als
einzige auch Sami unterstützen, ziemlich viel Geld für ihr Projekt zu
beschaffen. Sie werden unter anderem vom norwegischen Staat und von der
UNESCO unterstützt. Sie haben mitlerweile genügend Geld um teilweise
auch andere Projekte, die Software, die zu Skolelinux gehört, wie zum
Beispile den Debian-Installer, finanziell zu unterstützen. 

Weiter Informationen zu Skolelinux findet man unter anderem unter

http://www.skolelinux.de und http://developer.skolelinux.no 

Lieber Gruss

Gaudenz Steinlin




On Mon, 2003-11-10 at 14:51, Sascha Brawer wrote:
> Sehr geehrter Herr Gabriel
> 
> Ich danke Ihnen für das Telefongespräch von heute morgen und freue mich,
> dass Sie an einem "Linux rumantsch" prinzipiell interessiert wären. Wie
> vereinbart skizziere ich nachfolgend grob, wie ein solches Projekt
> aussehen könnte.
> 
> Für kommerzielle Anbieter ist es wirtschaftlich uninteressant, ihre
> Produkte in einer Sprache zu vermarkten, die nur wenige sprechen. Aus
> diesem Grund wird kaum Software in Minderheitensprachen übersetzt. Die
> "Zielgruppen" könnten zwar selber aktiv werden, haben im Fall von
> proprietärer Software aber keinen Zugriff auf die zum Übersetzen nötigen
> Quelltexte. Vor allem ist bei proprietärer Software ausser dem Hersteller
> niemand befugt, das Programm auf irgendeine Weise abzuändern.
> 
> Bei freier Software ist dies anders: Jeder Nutzerin, jedem Nutzer ist es
> ausdrücklich gestattet, die Software nach Belieben zu verändern. Die
> Lizenzverträge der meisten freien Programmpakete verlangen lediglich,
> dass allfällige Modifikationen unter den gleichen Bedingungen wie das
> Original weitervertrieben werden. Eine veränderte Fassung muss ihren
> Nutzern also dieselben Rechte einräumen wie das ursprüngliche Programm.
> 
> Konkret heisst dies, dass es durchaus möglich wäre, das Betriebssystem
> Linux inklusive seiner Applikationen ins Romanische zu übersetzen. Der
> Förderung des Romanischen würde dies sicherlich nützen. Andererseits wäre
> eine romanisch-sprachige Software-Distribution eine sehr geeignete
> Gelegenheit, um auf die zahlreichen Vorteile von freier Software hinzuweisen.
> 
> Denkbar wäre etwa, dass man eine romanische Fassung von "Knoppix"
> bereitstellen würde. Knoppix ist eine Variante des GNU/Linux-Systems, die
> ab CD-ROM ohne jegliche Installation gestartet werden kann; sie eignet
> sich daher als Beilage in Zeitschriften, oder zum Abgeben bei
> Veranstaltungen und Messen.
> 
> Die Übersetzungen wären aber unabhängig von dieser speziellen CD-ROM. Ein
> übersetztes Programm könnte also auch unter RedHat Linux, SuSE oder
> irgendeiner anderen Variante von GNU/Linux auf Romanisch benutzt werden.
> Manche freie Programme laufen sogar auch auf anderen Plattformen, zum
> Beispiel Microsoft Windows oder Apple Macintosh; dies stellt allerdings
> eher die Ausnahme als die Regel dar.
> 
> Nun könnte ein derartiges Übersetzungsprojekt leicht ins Uferlose
> ausarten. Man wird sich ja kaum vornehmen wollen, alle 13'000 Programme
> der freien Software (geschätzt; die genaue Zahl ist unbekannt) übersetzen
> zu wollen. Sinnvoll wäre stattdessen, zu definieren, welche Programme am
> Wichtigsten sind.
> 
> Ein mittelgrosses, recht verbreitetes Programm ist zum Beispiel die
> Bildverarbeitung "GIMP". Die Quellen von GIMP umfassen neben dem
> eigentlichen Programmcode eine Textdatei für jede Übersetzung (Deutsch,
> Französisch, Katalanisch, usw.). Diese enthualt für jeden am Bildschirm
> dargestellten Text das englische Original sowie die jeweilige
> Übersetzung. Es handelt sich um Paare der folgenden Form:
> 
>   msgid "Clip Result"
>   msgstr "Ergebnis beschneiden"
> 
> Die neueste Version von GIMP umfasst ungefähr 2500 solcher Paare; bei
> einem Web-Browser ("Galeon") sind es 1500.
> 
> Vermutlich wäre Bürosoftware besonders wichtig, hier vor allem das Paket
> "OpenOffice". Allerdings ist ein solches Grosspaket auch deutlich
> aufwändiger zu übersetzen. Einerseits handelt es sich um mehr Text,
> andererseits müsste man hier auch dafür sorgen, dass z.B. die
> Tabellenkalkulation Datumsangaben auf Romanisch darstellt. Eventuell
> wären hierfür kleinere Programmierarbeiten nötig.
> 
> Man könnte schrittweise vorgehen: Erst ein sehr kleines Programm, um die
> Abläufe einzuspielen; dann ein mittleres Programm wie Gimp; schliesslich
> ein grosses Projekt.
> 
> Eher unrealistisch ist eine Rechtschreibkorrektur: Sogar falls die hierzu
> nötigen Korpora in genügender Grösse vorliegen sollten, wäre es wohl
> wenig sinnvoll, ein derartiges Projekt anzugehen, bevor nicht die
> Benutzeroberfläche vollständig übersetzt worden ist. Daher nur eine
> Nebenbemerkung zu diesem Punkt: Sollte man irgendwann in der Zukunft an
> romanischen Rechtschreibkorrekturen und ähnlichen Werkzeugen interessiert
> sein, wird man so viel Text wie möglich brauchen, um die Programme zu
> trainieren. Es könnte sich lohnen, schon heute damit zu beginnen, die
> Texte (z.B. Satzdateien für Zeitungen und Bücher) in elektronischer Form
> zusammentragen. Die Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass es oft nicht
> möglich ist, einige Jahre alte Dateien zu lesen. Physikalische Probleme
> (Zerfall von Datenträgern) sind ein Problem, vor allem aber besitzen
> Programme nur eine begrenzte Lebensdauer. Niemand weiss, ob es in 15
> Jahren noch Word, PageMaker, XPress oder InDesign geben wird, und deren
> Dateiformate sind nirgendwo dokumentiert. Aus diesem Grund wäre es am
> besten, die Texte in einem offenen Format (am besten reiner Text,
> allenfalls HTML, RTF oder PDF) zu sammeln. 
> 
> Ich vermute, dass das grösste Problem bei einem romanisch-sprachigen
> Linux das Erarbeiten der Fachterminologie wäre. Gemäss einer
> telefonischen Auskunft der Terminologiestelle der Bundeskanzlei existiert
> zur Zeit noch keine Datenbank, in der romanische Ausdrücke für
> "Farbtabelle", "Zeichenvorrat" etc. erfasst wären. Es wäre aber
> anscheinend nicht völlig ausgeschlossen, dass die Bundesverwaltung das
> Erstellen einer solchen Terminologiedatenbank finanziell unterstützen würde.
> 
> Ob es sinnvoll ist, für die Übersetzung Rumantsch Grischun oder eine
> andere Variante zu verwenden, kann ich als Aussenstehender natürlich
> nicht beurteilen. Ich möchte lediglich darauf hinweisen, dass ein
> Programm selbstverständlich in beliebige Sprachen und Dialekte übersetzt
> werden kann, falls sich hierfür Übersetzer finden. Genau dies ist ja die
> Idee von "freier" Software: Alle können nach ihrem eigenen Gutdünken
> Anpassungen vornehmen, ohne hierfür um Erlaubnis bitten zu müssen.
> 
> Ohne Vereinsbeschluss kann ich nicht für Wilhelm Tux sprechen, aber ich
> denke, dass wir für ein solches Projekt gerne die fachliche und
> logistische Unterstützung bieten würden. Beispielsweise könnten wir Ihnen
> Textdateien zur Übersetzung schicken und dafür sorgen, dass die
> Übersetzungen wieder an die ursprünglichen Quellen zurückfliessen, damit
> sie überall verfügbar sind. Auch könnten wir beim Erstellen von CD-ROMs
> (wie der oben erwähnten "Knoppix"-Variante) behilflich sein.
> 
> Die eigentliche Übersetzungs- und Terminologiearbeit müsste aber
> vermutlich von der Lia Rumantscha oder anderen Interessierten geleistet
> werden. Spezielle technische Kenntnisse wären seitens der Übersetzer
> nicht notwendig. Sie müssten aber natürlich fähig sein, das Fachvokabular
> zu verstehen und passende Übersetzungen festzulegen.
> 
> Für Informationen zum Verein Wilhelm Tux verweise ich Sie auf unsere Webseite:
> 
>   http://guglielmtux.ch/
> 
> Ich schicke eine Kopie dieser Mail an fvgoto at linuxbourg.ch, der/die
> unsere Webseite ins Romanische übersetzt hat, sowie an die Verteilerliste
> des Vereins. Für weitere Fragen stehe ich Ihnen selbstverständlich gerne
> zur Verfügung.
> 
> Mit freundlichen Grüssen
> 
> -- Sascha Brawer
>    brawer at dandelis.ch, http://www.dandelis.ch/people/brawer/
> 
> 
> 
> _______________________________________________
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> wilhelmtux-discussion at wilhelmtux.ch
> http://wilhelmtux.ch/vmailman/listinfo/wilhelmtux-discussion



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