[wilhelmtux-discussion] [SIUG-announce] Newsletter Dezember 2003
siug-announce-admin at siug.ch
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Wed Dec 3 23:46:11 CET 2003
SIUG Newsletter
Dezember 2003
In dieser Ausgabe
* In dieser Ausgabe
* Events
+ Verleihung der Big Brother Awards
+ WSIS
* Recht und Politik
+ Revision des Fernmeldegesetzes
+ Einschränkung der Bespitzelung auf Vorrat
+ Ausblick Wintersession
* International
+ Software-Patente: Das Eolas-Patent
* Markt
+ Proteste gegen überhöhte SMS-Tarife
+ Höhere Bandbreiten bei der Cablecom
* Netzmissbrauch
+ Geschäftsmodell: Falsche Webadressen
* Technik
+ Offener Standard à la Microsoft
+ Bluejacking
* Über die SIUG
+ SIUG-Mitglied werden
Der Newsletter der Swiss Internet User Group informiert
monatlich über aktuelle Themen der Internet-Nutzung,
speziell über Datenschutz, Grundrechte im Netz,
Rechtsfragen und verwandte Gebiete. Der Newsletter kann
über die Webseite der SIUG oder über die
SIUG-Announce-Mailingliste bezogen werden. Er wird
zudem in der Newsgroup ch.talk gepostet.
Swiss Internet User Group
Postfach 1908
8021 Zuerich
Homepage: http://www.siug.ch/
E-Mail: mailto:siug at siug.ch
Postkonto-Nummer: 87-67210-5
© SIUG Swiss Internet User Group Dezember 2003
Die Verwendung der Informationen aus diesem Newsletter
ist ausdrücklich erlaubt, ein Hinweis auf die Quelle
und ein Belegexemplar sind erwünscht.
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Events
Verleihung der Big Brother Awards
Anlässlich einer feierlichen Preisverleihung im
"Dachstock" der Berner Reitschule wurden am 1.
November 2003 die Gewinnerinnen und Gewinner der
vierten Schweizer "Big Brother Awards"
bekanntgegeben. Mit diesen "Preisen, die niemand
will" werden Personen oder Institutionen
ausgezeichnet, die das persönliche Grundrecht auf den
Schutz der Privatsphäre missachten oder die Überwachung
und Kontrolle von Personen oder von Personengruppen
fördern.
Die Preisträger 2003:
* Staats-Award Samuel Schmid, Bundesrat VBS
* Business-Award Orange Communications, Lausanne
* Kommunikations-Award Untersuchungsrichter Jean
Treccani, Lausanne
* LebenswerkAward Hans-Ulrich Helfer, Zürich
* Winkelried-Award (Positivpreis fuer den Einsatz
gegen Ueberwachung und Kontrolle) Annina Rüst,
Salomé Rebekka Zollinger, Daniel Costantino
Details zu den Nominationen und den Nominierten sowie
die Laudatio:
http://www.bigbrotherawards.ch/
WSIS
Die erste Phase des Weltgipfels der
Informationsgesellschaft (WSIS) wird vom 10.-12.
Dezember in Genf stattfinden. Ziel ist eine allgemeine
Deklaration von Prinzipien der Informationsgesellschaft
in einem globalen Rahmen.
Um den Inhalt der Deklaration wurde in den letzten
Jahren gerungen, und es ist unklar, ob diese am Gipfel
verabschiedet werden kann. Strittig ist nicht nur der
Einbezug der allgemeinen Menschenrechte und die
Berufung auf die freie Meinungsäusserung, sondern auch
Urheberrechtsfragen.
Weitgehend unbestritten ist das Ziel der Überwindung
des zur Zeit bestehenden "Digital Divide", der
unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten zu modernen
Informationstechnologien, sowohl international als auch
innerhalb einzelner Länder.
Das WSIS ist allerdings nicht "nur" ein Papier,
sondern ein Prozess. In der Vorbereitungsphase haben
intensive Diskussionen zwischen Regierungen, Wirtschaft
und Nichtregierungsorganisationen sowohl international
als auch regional stattgefunden. Begleitveranstaltungen
im Vorfeld und am Gipfel selbst haben mehr praktischen
Bezug, indem etwa gelungene und gescheiterte Projekte
vorgestellt werden.
Was für den einzelnen Benutzer in diesen Prozessen
herauskommen wird, ist schwierig abzuschätzen, da
UN-Deklarationen erst über vielfältige
Umsetzungsmechanismen wirksam werden. Zumindest die
Benutzer in westlichen Gesellschaften sind viel
unmittelbarer von wirtschaftlichen Interessen
betroffen, welche das Internet und andere
Kommunikationstechnologien in klassische
Broadcastmedien mit passiven Rezipienten und
Konsumenten verwandeln wollen. Diesen Kräften setzt das
WSIS wenig entgegen.
Gewisse Veranstaltungen des WSIS sind auch für die
Öffentlichkeit zugänglich:
http://www.wsis-online.net/
Gegenpositionen zu den offiziellen Delegationen kommen
von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen. Einen
Überblick vermittelt die Heinrich Böll-Stiftung unter
http://www.worldsummit2003.de/
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Recht und Politik
Revision des Fernmeldegesetzes
Der Bundesrat hat im November die Botschaft zur
Änderung des Fernmeldegesetzes (FMG) verabschiedet. Die
SIUG ist grösstenteils zufrieden mit dem
Vernehmlassungsverfahren und der Botschaft.
Die Revision des FMG wird gemäss der Botschaft ein
klares Bekenntnis zu "Opt-In"-Verfahren bei
elektronischer Werbung (per Mail, SMS und so weiter)
bringen. Das bedeutet im Prinzip, dass Werbung nur mit
expliziter Einwilligung zugesandt werden darf.
Weiter sind Vorschriften über gewisse Aspekte
elektronischer Werbung vorgesehen, so etwa das Verbot
der Verschleierung der Herkunft und klare, einfache und
nachvollziehbare Möglichkeiten zum Abbestellen
zukünfiger Werbemitteilungen.
Provider werden durch das neue FMG zum Handeln gegen
Netzmissbrauch zwar nicht verpflichtet, aber in einem
weiten Rahmen ermächtigt. Dabei haben sie nicht
präventiv tätig zu werden, und sie müssen auch nicht
Polizei spielen, aber es werden ihnen Mittel in die
Hand gegeben, gegen Missbraucher vorzugehen (nämlich:
Sperren des Zugangs).
Diese Regelung ist aus Sicht der SIUG nicht unbedingt
nötig, da die meisten Provider entsprechende Regeln
heute schon in ihren Geschäftsbedingungen und Verträgen
haben.
Der Bundesrat anerkennt die Missbräuche durch
Mehrwertdienste als dringendes Problem, insbesondere
die Abwehr unberechtigter Forderungen, die zum Beispiel
durch Dialer entstehen können. Die vorgesehenen
Massnahmen (Schlichtungsstelle, Schweizer Sitz oder
Niederlassung für Anbieter) wird die rechtliche und
faktische Stellung der Konsumenten tendenziell
verbessern.
Wichtiger als die kommende Revision des FMG ist
hingegen die Änderung der Regeln auf Verordnungsstufe,
die per 1. Dezember in Kraft getreten ist: die
einfache, kostenlose Sperrung von 0900-, 0901- und
0906-Nummern.
Neben dem Kampf gegen Spam und Missbräuche ist die
Öffnung der letzten Meile der Hauptpunkt der Revision
des FMG. Der Bundesrat anerkennt, dass die bisherige
politische Protektion, welche die Swisscom in diesem
Bereich genossen hat, nicht mehr haltbar ist.
Die Entbündelung der letzten Meile kann zu mehr
Wettbewerb und damit innovativeren Angeboten und
tieferen Preisen führen. Die Neuordnung sollte
allerdings dafür sorgen, dass weiterhin Anreize zur
Pflege des Netzes bestehen, was natürlich nicht gratis
zu haben ist.
Einschränkung der Bespitzelung auf Vorrat
Ständerat Bruno Frick (SZ, CVP) will mit einer
parlamentarischen Initiative eine Änderung des
Bundesgesetzes betreffend die Überwachung des Post- und
Fernmeldeverkehrs (BÜPF, insbesondere Art. 15)
herbeiführen.
Art. 15 des BÜPF verpflichtet Internet- und
Telefonprovider, sämtliche Verbindungsdaten während
sechs Monaten aufzubewahren.
Frick argumentiert in seiner Initiative, dass die
Vorratsdatenspeicherung am Ziel vorbeischiesst und den
realen Verhältnissen nicht gerecht wird:
* Jedermann kann einen der zahlreichen ausländischen
Mailprovider nutzen und entgeht so jeder
Speicherung
* Jedermann kann mit wenig Aufwand "sein eigener
Provider" sein und entgeht so jeder Speicherung
* Die Bestimmung ist unergiebig, da lediglich die
Randdaten (im wesentlichen Absender, Empfänger,
Zeit) gespeichert werden.
Die SIUG begrüsst diese Initiative ausdrücklich. Die
Initiative bringt einen Teil der Vorbehalte der SIUG
gegenüber dem BÜPF zum Ausdruck.
Quelle: Parlementarische Initiative 03.435 (Beseitigung
von überflüssigen Überwachungsmassnahmen im
Internetverkehr - Art. 15 BÜPF - Kommissionssitzung
KFV-SR 20.11.)
http://www.parlament.ch/afs/data/d/gesch/2003/d
Ausblick Wintersession
Der Nationalrat behandelt voraussichtlich am 2.
Dezember die Bereinigung des Signaturgesetzes (01.044).
Vernehmlassungsantwort der SIUG zum Bundesgesetz über
die elektronische Signatur (BGES):
http://www.siug.ch/positionen/SIUG-Vernmlsg-BGES.pdf
Ebenfalls im Nationalrat wird am 9. Dezember die Motion
Fehr (02.3723) "Internationales Kompetenzzentrum zur
Bekämpfung der Internetkriminalität" behandelt.
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International
Software-Patente: Das Eolas-Patent
Patente auf Software treiben mitunter seltsame Blüten -
das Gruselkabinett auf
http://swpat.ffii.org/patente/index.de.html beschreibt
einige davon.
Ein Patent auf in Webseiten eingebundene Inhalte (zum
Beispiel Java- oder Flash-Inhalte) erregt zur Zeit die
Gemüter. Die Firma Eolas hatte aufgrund des US-Patents
Nr. 5,838,906 erfolgreich gegen Microsoft geklagt und
erhielt ungefähr eine halbe Milliarde US-Dollar
zugesprochen.
Das Eolas-Patent zeigt einmal mehr den Unsinn von
Patenten auf Software deutlich auf.
Das Patent hätte gar nie erteilt werden dürfen, da die
Technik der Einbettung von Inhalten zum Zeitpunkt der
Einreichung des Patentes (1994) bereits wohl bekannt
war (pikanterweise auch durch Microsoft-Produkte).
Das US-Patentamt hat sich auf Weisung seines
Direktoriums nun sehr schnell auf eine Überprüfung des
Patentes eingelassen. Dieses Verfahren ist im Prinzip
nicht vorgesehen und wurde wohl auf Grund der
öffentlichen Empörung eingeschlagen. Ob diese hastigen
Schritte zur Rettung der Glaubwürdigkeit des
Patentverfahrens beitragen lässt sich mit Recht
bezweifeln.
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Markt
Proteste gegen überhöhte SMS-Tarife
Die französische Konsumentenschutzorganisation UFC-Que
choisir und ihre italienische Partnerorganisation
Codacons haben eine Kampagne gegen die überhöhten
Tarife für den Versand von SMS gestartet.
Die beiden Organisationen stören sich daran, dass für
etwas, das Kosten im Bereich von Bruchteilen von Cents
kostet, im europäischen Schnitt um die 15 Cents
verlangt wird. Zudem vermutet die italienische Codacons
kartellistische Absprachen zwischen den
Telekomanbietern.
Höhere Bandbreiten bei der Cablecom
Jahrelang war die finanzielle Verfassung der Cablecom
äusserst kritisch. Damit einher ging eine schleppende
Investitionstätigkeit im Bereich Internetanschlüsse und
Telefonie über das Kabelnetz. Die finanzielle Basis der
Cablecom ist mittlerweile dank etlichen finanziellen
Restrukturierungen wesentlich besser geworden.
Unter dem Druck des Erfolgs von ADSL-Anschlüssen
startete Cablecom anfang Monat eine für schweizerische
Internetprovider beispiellose Marktoffensive durch eine
Vervielfachung der Geschwindigkeit und eine moderate
Preissenkung.
Die ADSL-Provider werden auf absehbare Zeit mit diesem
Angebot nicht mitziehen können, da diese auf die
Vorleistungen der Swisscom angewiesen sind. Die
Swisscom wird auf das Frühjahr 2004 mit verbesserten
Angeboten auf den Markt kommen. Diese Angebote werden
von den technischen Randdaten her aber nicht an das
Angebot der Cablecom heranreichen.
Es bleibt abzuwarten, ob die Cablecom die massive
Erhöhung der Bandbreiten mittel- und langfristig halten
kann. Die Grosshandelspreise für Bandbreite sind zwar
auf einem historischen Tiefpunkt angelangt; ein Ende
der Marktbereinigung bei den grossen Carriern ist aber
abzusehen, und die Preise werden sich wieder
stabilisieren.
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Netzmissbrauch
Geschäftsmodell: Falsche Webadressen
Der letzte SIUG-Newsletter (November 2003) berichtete
über die Firma Verisign/Network Solutions, die unter
Ausnutzung ihrer Vertrauensstellung als Hüterin der
.com-Domains Surfer bei Vertippern in Webadressen auf
ihre eigenen Seiten lenken konnte.
Eine weitere Spielart von "Webentführungen" kommt von
Abzockern, welche Abwandlungen von gut bekannten
Domainnamen registrieren. Bei Vertippern landet der
Benutzer natürlich nicht auf den ursprünglich
gewünschten Seiten, sondern wird mit aufdringlicher
Werbung in Form von Popup-Fenstern und ähnlichem
konfrontiert.
Auf eine besonders perfide Variante wurde von der
deutschen Webseite Dialerschutz.de hingewiesen: auf den
irrtümlich aufgerufenen Seiten wird statt der
eigentlich frei erhältlichen Software "Skype" ein
Dialer unter dem Namen "Skeip" angeboten, der sich
über eine teure Wählverbindung neu ins Internet
verbindet.
Benutzer von ADSL- und Kabelmodem-Angeboten sind vor
solchen Dialern sicher, sofern sie nicht noch ein Modem
angeschlossen haben (zum Beispiel zum Fax-Versand).
Quelle: PCTipp
http://www.pctipp.ch/webnews/wn/25687.asp
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Technik
Offener Standard à la Microsoft
Mit grossem Marketing-Getöse hat Microsoft im November
bekanntgegeben, dass "das Dateiformat von Microsoft
Word" (WordML) offengelegt worden sei.
Leider ist dies nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich
"offengelegt" wurde das XML-Format, welches nur die
teure Firmenversion von Microsoft-Word erzeugen und
lesen kann. Die Lizenz, unter der diese Offenlegung
erfolgt, ist zudem alles andere als offen - es sind zum
Beispiel keine Erweiterungen des Formats erlaubt, und
Microsoft droht dunkel mit allfälligen Patenten, welche
mit dem Format verbunden sein könnten.
Für Firmen oder Opensource-Projekte, welche das Format
nutzen wollen (etwa für Import- und Export-Filter)
stellt das ein unkalkulierbares Risiko dar: Microsoft
kann jederzeit die Patentwaffe einsetzen, um unliebsame
Konkurrenten finanziell zu ruinieren.
Bluejacking
Bluetooth ist eine Funktechnologie zur Verbindung
verschiedenster Geräte über kurze Distanzen (bis 10
Meter), zum Beispiel Tastaturen und Mäuse am Computer
oder Handy und zugehöriges Headset.
Bluetooth wird zur Zeit als sicher angesehen. Trotzdem
kann Bluetooth zur Verunsicherung der Nutzer beitragen:
Beim sogenannten "Bluejacking" wird eine Nachricht an
Bluetooth-fähige Geräte in der Nähe gesandt.
Ein "Gerät in der Nähe" wird in aller Regel ein Handy
bedeuten; neben eher harmlosen Spässen solche
Nachrichten auch für unerwünschte Werbebotschaften
missbraucht werden.
Technisch ist das Bluejacking ein Nebenprodukt einer im
Prinzip sinnvollen Funktion, dem Versenden von
Adressbucheinträgen. Beim Empfang einer solchen
Visitenkarte werden die meisten Bluetooth-fähigen
Handys einen Text wie "Name wurde via Bluetooth
empfangen" ausgeben. Anstelle von Name können
beliebige Texte eingefügt werden.
Auch wenn durch solche Meldungen kein wirklicher
Schaden verursacht werden kann, muss der Handybesitzer
solchen Müll von Hand löschen - und wird dabei häufig
mit bisher unbekannten Funktionen seines Handys
konfrontiert.
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Über die SIUG
Die SIUG Swiss Internet User Group engagiert sich für
Themen, welche die Nutzung des Internets kurz- bis
langfristig betreffen: Fragen des Datenschutzes und von
Grundrechten im Netz, Rechtsfragen (zum Beispiel
Urheberrecht und Software-Patente), Kampf gegen
Netzmissbrauch, sowie um Belange des
Konsumentenschutzes im Internet.
Der SIUG gehören InternetbenutzerInnen,
ZugangsanbieterInnen und InhaltsgestalterInnen an, die
sich für einen verantwortungsvollen und konstruktiven
Umgang mit dem Medium Internet einsetzen.
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