[wilhelmtux-discussion] Was will derBürger?

Marco Huggenberger marco at by-night.ch
Don Jul 4 14:15:04 CEST 2002


Zum Thema E-Government habe ich in der SZ vom 29./30. Juni 2002
folgenden interessanten Artikel gelesen. Da auf dieser Liste schon
öfters der riesige Fortschritt von Deutschland erwähnt wurde, hier mal
ein Artikel, der genau das Gegenteil (im Verhältniss zur Schweiz) aufzeigt:

Deckmantel Bürgernähe

"Wenn man das Informationszeitalter sich selbst entwickeln lässt, wird
es nicht stattfinden - jedenfalls nicht in der öffentlichen Verwaltung."
Diese deutlichen Worte richtete Bayerns "Hightech-Minister",
Staatskanzlei-Chef Erwin Huber, an die Kommunalpolitiker und örtlichen
Verwaltungsbeamten. Eine beachtliche Anzahl von ihnen hatte sich beim
"Zukunftsforum E-Government" der Hanns-Seidel-Stiftung eingefunden, um
Rednern wie Huber zu lauschen - und sich von ihnen ermahnen zu lassen
Für Internet-gestützte Verwaltung, so Huber, sei eines entscheidend:
"Der Landrat und der Bürgermeister müssen dahinter stehen." Obwohl sich
der Freistaat mit seinen Technologie-Offensiven durchaus in eine
Frontstellung gebracht habe, verstehe man leider an Donau, Inn und Isar
unter "E-Government" noch allzu oft das Ausdrucken von im Netz
angebotenen Formularen, die dann ausgefüllt und persönlich oder
postalisch zur Behörde gebracht werden müssen. Es hakt, in Bayern
genauso wie im Bund, bei der Sensibilisierung der Beteiligten.
An der Technik dagegen könne es nicht liegen, beteuerten einmütig deren
Vertreter, etwa Harald Nawo von der Manager Microsoft GmbH. Schliesslich
sei die Akzeptanz des Netzes als Medium für Verwaltungsvorgänge in
anderen Ländern wesentlich grösser: Das versicherte etwa Andreas Sidler,
Sprecher der Schweizer Parlamentsdienste. Lediglich zur Stimmabgabe
wollten die Eidgenossen sich laut Sidler noch leibhaftig treffen und
nicht virtuell. In Deutschland dagegen, so Siegfried Höfling, Referent
für Technologie und Zukunftsfragen an der Akademie für Politik und
Zeitgeschehen, "kommen elektronische Reform und Rationalisierung nur
zögernd voran".
Auch eine Studie der Bertelsmmann-Stiftung bescheinigt den Deutschen
einen Rückstand im internationalen Vergleich. "Dabei", erklärt Rudolf
Hagenmüller, Geschäftsführer der FAST-GmbH, "ist E-Government ein
Standortfaktor. Ein Investor fragt durchaus: Wie und vor allem wie rasch
erledigt Ihr meinen Papierkram?"
Was aber will der deutsche Bürger? Jedenfalls "dort abgeholt werden, wo
er sich technisch und kulturell befindet", meinte Professor Hans-Gerhard
Stockinger, Mitglied des Ausschusses für Hochschule, Forschung und
Kultur im bayrischen Landtag. Konkreteres soll jetzt die Online-Umfrage
einer Unternehmensberatung ermitteln (www.was-will-der-buerger.de).
Vielleicht sollte man eine ähnliche Erhebung auch unter den Mitarbeitern
der öffentlichen Verwaltung vornehmen. Wenn die nämlich noch nicht recht
mitziehen wollen, so hat das laut Stockinger schon seine Gründe: Sie
sähen eben, "dass Rationalisierung auch Stellenabbau meint - selbst wenn
sie unter dem Mantel der Bürgernähe daherkommt".
Von Hans-Herbert Holzamer
Mit virtuellen Grüssen

Marco Huggenberger


Spruch des Moments:
"Das Geheimnis des Erfolges liegt in der Zielstrebigkeit." (Benjamin
Disraeli, englischer Staatsmann und Schriftsteller)