[wilhelmtux-announce] StopBÜPF-Kommittee: Verabschiedung des NDG macht auch BÜPF-Referendum wahrscheinlicher

Wilhelm Tux Schweiz - Media media at wilhelmtux.ch
Mi Mär 18 02:06:37 CET 2015


Liebe Mitglieder

Sehr geehrte Damen und Herren

17.03.2015 [Medienmitteilung]
Online-Version: http://wilhelmtux.ch/?PID=109&MID=7 

Am 17. März 2015 haben sich die Gegner der BÜPF-Revision in Olten
getroffen und die aktuelle Lage beurteilt. Die 2/3-Mehrheit im
Nationalrat für das revidierte Nachrichtendienst-Gesetz (NDG) vom
gleichen Tag deutet darauf hin, dass das Parlament nicht bereit ist, die
Sorge breiter Kreise betreffend Bürgerrechte und Privatsphäre ernst zu
nehmen. Daher ist an diesem Tag die Wahrscheinlichkeit stark gestiegen,
dass ein Referendum gegen das Büpf ergriffen werden wird.

*NDG und BÜPF: zwei Fliegen auf einen Streich*

Die beiden Gesetzesrevisionen werden voraussichtlich in diesem Jahr
durch die beiden Parlamentskammern verabschiedet. Die Gleichzeitigkeit
zweier Gesetze zur Überwachung der Bevölkerung mag gelegentlich
verwirren. Das revidierte Nachrichtendienst-Gesetz (NDG) baut zwar
teilweise auf der ebenfalls noch zu verabschiedenden Bundesgesetz
betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) auf.
Das BÜPF beinhaltet vor allem die Erweiterung der ohnehin
problematischen Vorratsdatenspeicherung.

Beide Gesetze wollen aber die Bürger zusätzlich mit Staatstrojanern
überwachen können. Das NDG setzt den heute verfügbaren
Überwachungsmitteln nur noch der Form nach, faktisch aber keine Grenzen
mehr.

*Rechtliche Grenzen faktisch unwirksam*

Wilhelm Tux gibt zu bedenken, dass die ohnehin staatsrechtlich
problematischen Überwachungsmassnahmen im BÜPF beim NDG perfektioniert
werden. Der Form nach scheint und ist alles in Ordnung: Beispielsweise
müssen Abhörungen, das Verwanzen von Räumen oder der Einsatz des
Trojaners richterlich und durch den Verteidigungsminister genehmigt
werden. Einige Formulierungen im Gesetzesentwurf lassen durchaus eine
scheinbare Zurückhaltung sowie eine Berücksichtigung der Privatshäre
vermuten.

Die Realität sieht anders aus. Nicht nur ist diese Genehmigung reine
Formsache. Der Verteidigungsminister als Vorgesetzter des
Nachrichtendienstes (NDB) ist Partei und wird kaum je eine
"Beschaffungsmassnahme" (Art. 24ff NDG-Entwurf) seines Dienstes ablehnen
wollen. Der/die einzelne (!) Richter/in des Bundesverwaltungsgerichts
(Art. 28ff) auf der andern Seite wird nicht ablehnen wollen, weil der
NDB-Antrag stets die Dringlichkeit und die Wichtigkeit für die
"Sicherheit der Bevölkerung der Schweiz" (Art. 2 Abs. b) oder zur
"Wahrung internationaler Sicherheitsinteressen" (Art. 2 Abs d.) betonen
wird.

*Kabelaufklärung: Filter werden durch Datentausch aufgehoben*

Womöglich immer noch unterschätzt wird die Kabelaufklärung. Der Form
nach dürfen Daten nicht verwendet werden, wenn sich sowohl der Sender
als auch der Empfänger in der Schweiz befinden (Art. 38). Bereits
Abgrenzungsfragen lassen Probleme erahnen, weil ein grosser Teil des
Inlandverkehrs (systembedingt wahllos) übers Ausland läuft. Dass
Datenaustausch unter Geheimdiensten Standard ist, dürfte kaum jemand
bestreiten und gilt als hinreichend erwiesen. Dadurch erhält der jeweils
andere Dienst sämtliche Inlanddaten, welche er selber nicht erheben
dürfte. Ausserdem geht auch jede Filterung von einer Grundgesamtheit
aus, welche grundsätzlich alle Daten aller Personen umfassen.

Sowohl beim BÜPF als auch beim NDG fehlen strenge Kontrollen über die
Überwachung. Sowohl Erfolgskontrollen als auch Beweise der Wirksamkeit
fehlen. "Die Strafverfolgungsbehörden, die heute die Hauptarbeit im
Kampf gegen die Terroristen leisten, werden geschwächt statt gestärkt."

Man könnte auch sagen, Kontrolle ist de facto kaum noch möglich: Die
formalrechtliche Fiktion wird sich stets als tadellos und gesetzestreu
erweisen, währenddem die Überwachungs-Realität quasi aller Schranken
enthoben funktioniert. Sie wird höchstens durch die in der Schweiz noch
relativ geringen materiellen Ressourcen begrenzt.



Freundliche Grüsse
Verein Wilhelm Tux
Rückfragen bitte an media at wilhelmtux.ch







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